Tour De France

Colmar im März 2019
Colmar im März 2019

Seit einigen Jahren hat Matthias den Plan von Dannstadt nach Paris mit dem Fahrrad zu reisen. Der Paneuropa Radweg bietet sich hierzu an. Der komplette Radweg führt von Paris nach Prag. In den heimischen geographischen Längen schneidet der Fernradweg Heidelberg. Somit sind es nur wenige Kilometer von Dannstadt über Speyer bis nach Reilingen, wo Matthias auf den Weg eingleist. Von hier aus führt der Weg weiter Richtung Süden bis zur ersten Übernachtungsstation in Rastatt. Der Weg verlässt Deutschland mit der Rheinüberfahrt nach Straßburg. Die darauffolgenden Station heißen Saverne, Ludres und Bar-le-Duc. In der Champagne ist dann ein Stopp in der dortigen Hauptstadt Épernay eingeplant. Der letzte Stop befindet sich in Meaux. Von hier aus ist es nur noch eine ca. 50 km kurze Sprintstrecke bis zum Eiffelturm in Paris. 

Tag 1 - 17.05.2019 

Dannstadt nach Rastatt (107 km)

Nach langem Warten, Planen und Trainieren geht es heute nun endlich los. Das Wetter könnte nicht besser sein und so wird das am Tag zuvor nach Dannstadt gebrachte Fahrrad in Startposition geschoben. Die Wasservorräte werden mit reinem Dannstadter Wasser gefüllt und die Gepäcktaschen am Rad angebracht. Jetzt heißt es nur noch die Navigation auf dem Mobiltelefon einzustellen und die GPS-Uhr zu starten. Alles wirkt noch sehr surreal, da die ersten Kilometer schon so oft absolviert wurden. Die Ankunft in Paris ist jetzt noch nicht vorstellbar. Bei wenig Wind geht es nun erstmal von Dannstadt in Richtung Schifferstadt, dann der erste kurze Stopp in Speyer. Von hier aus geht es dann über den Rhein nach Baden-Württemberg. Nach ca. 25 km sieht man das erste Mal den Radweg "Paneuropa" ausgeschildert, der fortan bis an die französische Grenze die Richtung vorgibt. 

Der durchaus sonnige Tag verläuft entspannt ausschließlich auf Radwegen. In Ettlingen wird etwas verspätet das Mittagessen nachgeholt. Gut gestärkt ist es dann auch nicht mehr weit bis nach Rastatt, wo der Abend bei einem kleinen Stadtspaziergang ausklingt. 


Tag 2 - 18.05.2019 

Raststatt - Saverne (113 km)

Nach einer erholsamen Nacht geht es nun von Rastatt entlang des Rheins bis nach Kehl. Meist verläuft der Weg auf einem Damm oder auf wenig befahrenen Straßen. Hier läuft das Rad wirklich sehr rund. In der letzten deutschen Stadt Kehl wird nochmal ein Burger verdrückt und der Sonnenschutz in einer Drogerie aufgefüllt. Lippenbalsam, Sonnencreme und After-Sun-Crème sind jetzt ständige Begleiter auf der Reise. Voll ausgestattet geht es nun über die schöne Fußgängerbrücke nach Frankreich. In Straßburg wird das Münster, die Innenstadt und das Europäische Parlament erkundet bevor es nach wenigen Kilometern durch die Stadt an den Rhein-Marne-Kanal geht. Dieser Kanal verbindet Straßburg und Paris, was aber nicht heißt, dass man ständig entlang des Kanals radelt. In Vendenheim, einem kleinen schmucken Örtchen, lädt ein Café zu frischem Obstkuchen und Cappuccino ein. Gut gestärkt geht es durch den heißen Tag in Richtung Saverne. Da kleine Cafés am Ufer nicht sehr häufig vorkommen, wird auch nochmal ein kurzer Cola Stopp eingelegt. Beim Limonade schlürfen erkennt Matthias auf dem Regenradar, dass ein Gewitter ihn verfolgt und auch demnächst einholen wird. Die letzten 15 km ist die Motivation somit sehr groß und es wird noch einmal ordentlich in die Pedale getreten.

In Saverne angekommen kann das Rad dann in den trockenen Hotelkeller gestellt werden. Kurz nach Ankunft im Hotel beginnt der Regen. Noch einmal Glück gehabt!

Da dies der einzige Hotelaufenthalt ist und jenes nicht sehr viele Annehmlichkeiten bietet, macht sich Matthias trotz Regen auf und füllt die Kohlenhydratspeicher mit einer leckeren Pizza. 


Tag 3 - 19.05.2019 

Saverne - Ludres (115 km)

Am frühen Morgen holt Matthias das Fahrrad aus dem trockenen Keller. Am Vormittag regnet es das einzige Mal auf der Reise. Wenigstens einmal konnte die neu erworbene Regenjacke genutzt werden. Der Regen war jedoch nicht so stark, dass eine Regenhose genutzt werden musste. Vor Beginn des Radtags gibt es aber erst mal ein kalorienreiches Frühstück in einer Saverner Brasserie. Jetzt geht es erstmal wieder entlang des Kanals und durch kleinere Dörfer, wo ab und zu ein Espresso genossen und die Wasservorräte aufgefüllt werden. Die Hoffnung auf ein Restaurant ist schon langsam aufgegeben, doch wie es der Zufall will, gibt es in einem kleinen Ort ein Restaurant mit einem befeuerten Holzofen, der eine schmackhafte Pizza backt.

Auf der Weiterreise treffe ich dann einen gleichgesinnten Radler aus der Schweiz. Als er mir sein Alter verrät bin ich sehr beeindruckt. Er ist mit 80 Jahren noch alleine von der Schweiz bis ins Ruhrgebiet und weiter nach Frankreich gefahren, von wo er jetzt wieder auf dem Rückweg ist. Er ist sogar mit Zelt und nur mit einer Offline-Karte ausgerüstet.

Die weitere Strecke verläuft nun durch die Vogesen. Ein ständiges kurzes auf und ab ist mit der Zeit etwas ermüdend. Jedes Kilo in den Gepäcktaschen macht sich nun bemerkbar. Bei der Ankunft in Ludres gönnt sich Matthias in einem American Diner einen Burger inklusive extra großer Nachspeiße. Von hier aus ist es nur noch ca. einen Kilometer zum schönen Airbnb. Mit Philippe unterhält sich der Pfälzer Radler ausschließlich über die Google Translator App, was ausgesprochen gut funktioniert. Eine warme, wohltuende Dusche rundet den Tag ab.


Tag 4 - 20.05.2019 

Ludres - Bar-le-Duc (105 km)

Morgens trifft Matthias zwei deutsche Pilger in einem Café in Toul, nicht weit entfernt von Ludres. Die beiden wandern jedes Jahr einen weiteren Abschnitt auf dem Jakobweg. Nach einem längeren Gespräch geht es weiter, da heute noch nicht sehr viele Kilometer zurückgelegt wurden, hängt der Zeitplan. Am Morgen kam es schon zu etlichen Verzögerungen durch den gestrigen Regen und das Gewitter. Teilweise sind die Wege in Wäldern sehr durchgeweicht. Das Rad mit den schweren Taschen ist hier nicht immer leicht zu steuern. Zur Mittagspause sind weniger als 50 km erreicht. Da sich nun auch das Wetter deutlich verschlechtert und starker Wind einsetzt wird es schnell kühl. Die Strecke geht nun lange über Bundesstraßen und an einer Autobahn entlang. Der Nachmittag zieht sich und mit jedem Blick auf die Uhr sind nur wenige Kilometer hinzugekommen. Dies ist mit Abstand der anstrengendste Tag der kompletten Reise. Der Weg verläuft nun durch viele kleine Orte, die aussehen als hätte niemand diese seit 60 Jahren betreten. 

Fast angekommen werden die Getränke kurz vor Bar-le-Duc in einem Supermarkt aufgefüllt. Schlussendlich im Airbnb angekommen ist die warme Dusche ein wohltuendes Geschenk.


Tag 5 - 21.05.2019 

Bar-le-Duc - Épernay (126 km)

Nachdem sich der vierte Tag der Reise bis ins Unendliche gezogen hat, greift Matthias mit frischer Motivation jedoch ohne Frühstück gleich um 7 Uhr an, da heute zudem auch die längste Etappe ansteht und Sturm vorausgesagt ist.

Zuerst muss sich Matthias aber durch Flora und Fauna am Kanalufer kämpfen. Teilweise sind die Wege hier in einem schlechten Zustand. Die Pfade bestehen teilweise nur aus Teerflecken, so hat man das Gefühl auf einer ständigen Schlaglochpiste unterwegs zu sein. Die Durchschnittsgeschwindigkeit geht in den Keller. Teilweise zeigt der Tacho weniger als 10 km/h an. Nach 85 km ist Châlons-en-Champagne erreicht. Endlich gibt es hier ein verspätetes Mittagessen. Matthias entscheidet sich für das Restaurant am Platz. Die große Portion Tagliatelle gibt heute einen extra Schub, da ab hier auch ein 1A Radweg vorhanden ist. Mit voller Power rollt er nun auf Épernay zu. Die letzten 30 km laufen wie an der Schnur gezogen. Nur einmal muss etwas abgebremst werden, als Matthias in ein Manöver der französischen Streitkräfte geraten ist. Links am Ufer landet ein Boot, vor ihm zielt ein Panzer in seine Richtung und aus einem Truppentransporter steigen mehrere schwer bewaffnete Soldaten aus. Der MG-Schütze auf dem Panzer entscheidet sich glücklicherweise Matthias nicht zu einem praktischen Nudelsieb aufzuwerten und bekommt das mit einem freundlichen "Bonjour" quittiert.

Angekommen in Épernay fasziniert die Stadt sofort. Die Avenue de Champagne ist das absolute Highlight. Hier ist Winzer neben Winzer in prächtigen Gütern angesiedelt. Natürlich darf sich Matthias einen Tröpfchen nach der längsten Etappe der Tour ohne schlechtes Gewissen gönnen.


Tag 6 - 22.05.2019

Épernay - Meaux (115 km)

Die letzte wirkliche Tagesetappe genießt Matthias nochmals in vollen Zügen. Bei herrlichem Wetter geht es ein langes Stück durch die Champagne in Richtung Île-de-France. Die Strecke verläuft zum größten Teil auf Landstraßen, was in der Nähe der Stadt Château-Thierry mit stärkerem Verkehr einhergeht. Auf der Strecke bestehen lange Abschnitte aus Steigungen und Abfahrten. Besonders die langen Abfahrten sind der Wahnsinn. Durch das Reisegepäck schiebt das Fahrrad abwärts richtig an. Die Weinberge ziehen zügig vorbei und insgeheim hofft Matthias in einem angrenzenden Ort einmal geblitzt zu werden.

In La Ferté-sous-Jouarre gibt es als Stärkung einen Kuchen und Espresso, was vom leibhaftigen französischen Harald Glööckler serviert wird.

Vor der letzten Übernachtung in Meaux taucht nach dem Ort Saint-Jean-les-Deux-Jumeaux eine letzte Tour de France würdige Steigung auf. Einige Rennradler, die entgegenkommen feuern den Pfälzer nochmal motivierend an. Oben angekommen springt nach mehr als 650 km das erste und einzige Mal die Kette von den Blättern und verklemmt sich im Rahmen. Da es jetzt aber erstmal in Richtung Normalnull geht kann getrost ca. 5-6 min bis in den nächsten Ort ausgerollt werden, wo dann mit dem weit gereisten Werkzeug die Kette gelöst und neu aufgesetzt wird.

Die finalen Tageskilometer müssen über eine autobahnähnliche Strecke absolviert werden. Die Verwunderung ist groß aber anscheinend gibt es keinen anderen Weg und so wird der kurze Abschnitt mit dem höchsten Gang am rechtesten rechten Rand, ebenfalls Tour de France würdig, mit ordentlich Geschwindigkeit zurückgelegt, bis nach wenigen hundert Metern die richtige Abfahrt erreicht ist. Einmal durchatmen!


Tag 7 - 23.05.2019 

Meaux - Eiffelturm (59 km)

La grande finale! Die Motivation ist heute Morgen kaum zu bändigen. Die letzten Prozent bis zum Eiffelturm genießt Matthias, ähnlich wie bei der echten Tour de France, ohne Druck. Der Weg läuft ein letztes Mal wunderschön am Rhein-Marne-Kanal entlang und mit jedem Kilometer den man gen Paris fährt, machen sich die deutlich besseren Fahrradwege bemerkbar. Zum Teil gibt es richtige Fahrrad-"Autobahnen" mit Markierungen. Auf dem sehr guten Asphalt rollt das Rad wie auf Schienen. Die Gebiete werden immer besiedelter und der Anteil an Industrie am Ufer nimmt zu. Die schleichende Ankunft in Paris zieht sich über viele Kilometer. Die Gebäude werden stetig größer und wertiger. Der Verkehr wirkt nach so vielen Stunden auf nur wenig befahrenen Straßen innerhalb des Stadtkerns einfach nur verrückt. Es dauert bis man sich im Chaos sicher fühlt, fließt dann aber mit dem Strom. Am Seine Ufer biegt Matthias rechts zum Louvre ab und durchquert den Jardin des Tuileries. Jetzt ist er an der Stelle, die er seit der Abfahrt in Dannstadt vor Augen hat. Das prestigeträchtige Ende jeder Tour de France vom Place de la Concorde zum Triumphbogen. Einfach nur Wahnsinn! Nach einem kurzen Fotostopp geht es jetzt über die Avenue Kléber zum Place du Trocadéro mit Ausblick auf den Eiffelturm. Ein kurzes Stück bergab über die Pont d’Iéna wartet bereits Lisa, die den Empfang nach 742 Kilometern mit einer Sektdusche übernimmt. Dannstadt à Paris - Ce fut un tour de France inoubliable.


 23.05.2019 - 26.05.2019 Paris

Im Hotel angekommen und geduscht beginnt jetzt der Sightseeing Teil des Urlaubs. Auf der Avenue des Champs-Élysées schlendern Lisa und Matthias zum Triumphbogen und erklimmen diesen für eine tolle Aussicht auf Paris.

Am Abend in Montmartre empfangen uns Inge und Werner aus der Pokergruppe auf ein Gläschen Wein, bevor Lisa und Matthias den Abend mit einem Bier auf den Stufen vor der Basilika Sacré-Cœur ausklingen.

Am nächsten Tag steht der von Lisa erwünschte Besuch des Schlosses in Versailles an.

 

Und vieles vieles mehr!